Es müssen heimische Blühpflanzen sein, nur so retten wir noch die Wildbienen. Anders sei den bedrohten Wildbienen nicht zu helfen, denn alle anderen Blühpflanzen, vor allem jene, die vor Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten aus fremden Ländern eingeführt wurden und die Mehrheit der Hausgärten zieren, die taugen nichts. So heißt es bei manchem Wildbienen-Retter. Doch das Gegenteil ist tatsächlich der Fall, wie aktuelle Studien belegen.
- Einwurf: Nein, ich bin NICHT gegen heimische, wilde Blühpflanzen. Ich weiß, dass es Spezialisten gibt. Auch, dass andere Insekten auf Heimisches dringend angewiesen sind. Aber mit ihnen alleine „zu arbeiten“ im eigenen grünen Reich ist nicht zwingend ausreichend. Und auf der anderen Seite: Wer einen Garten im Stile des Bauerngartens oder Cottagegartens anlegt, macht nicht gleich alles falsch… Eher im Gegenteil. Auch wenn es einige Puristen behaupten…
Die 561 Wildbienenarten in Deutschland sind mehr oder minder stark bedroht, zumindest etwa die Hälfte der vorkommenden Arten. Mehr und mehr, so scheint es, kommt da der normale Hausgarten mit Stauden und selbst gesäten Sommerblühern in den Verruf. Wer da die bösen, ursprünglich in anderen Ländern heimische Blüher und Stauden in den Garten setzt, im schlimmsten Fall den Sommerflieder, der kann sich schon mal negative Kommentare im Zuckerberg-Imperium und entsprechenden Gruppen einfangen.
Das hilft den Bienen nichts – also sogenannten Spezialisten, die auf eine Pflanzengattung angewiesen sind (oligolektisch genannt, laut wildbienen.info 32 %/138 der nestbauenden Bienenarten in Deutschland) –, allenfalls den Generalisten (nennt man polyolektisch und stellt mit vielen Hummelarten und anderen Wildbienen die Mehrheit dar) kommen da zum Futtern, habe ich schon oft und auch selbst als „freundliche“ Kritik gelesen. Das einzige was jetzt noch für die Bienenrettung helfen soll: Eine heimische Wildblumenwiese nachahmen, ganz idealerweise vorher die Gartenerde möglichst abmagern. Zudem soll das Saatgut auch nicht aus dem Baumarkt sein, da so „unmögliche“ Sorten ausländischer Pflanzen enthalten sind.
Zudem, was leider stimmt, sind die meisten im Handel feilgebotenen Nisthilfen nichts wert. Überhaupt, lese ich neuerdings – und das erinnert mit an das Mandra des NABU zur allenfalls pädagogisch wertvollen Ganzjahresfütterung von Vögeln –, sei es mittlerweile auch allenfalls von didaktischem Wert, Insektenhotels aufzuhängen. Dabei geht es um etwa 20 – 25 Prozent der heimischen Bienenarten die bestehende Hohlräume nutzen und nochmals etwa 25 Prozent sogenannte Kuckucksbienen (legen ihre Brut in vorhandene Nester), die überirdische Behausungen nutzen. Also eben auch Insektenhotels (die richtigen sei hier angemerkt). Der Rest sucht sich sein Reich im Boden (50 %). Aber, hierzu im Verlauf des Textes mehr.
Und das muss ich vorausschicken: Ich bin kein ausgesprochener Bienenkenner ich weiß aber, dass sehr, sehr vielen Arten unseren Garten von Februar bis zum Frost besuchen. Die als heimisch akzeptieren Pflanzen, wie auch diese ganzen „Exoten“, die teilweise 5 Monate nachweislich mehr oder minder viel Pollen und Nektar bieten. Übrigens auch dann noch, wenn die „Landbienen“ (also im Gegensatz zu den „Gartenbienen“) schon lange nichts mehr finden. Also jene Wildbienen, die in einem natürlichen Umfeld heimische Gewächse suchen.
Auch sogenannte, nicht-heimische Blühpflanzen können den Wildbienen helfen. Und, wie so oft, liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Auch und gerade für uns Hobbygärtner, die den Bienen helfen möchten.
Zunächst zu den Bedrohungen, denen die über 500 heimischen Wildbienenarten ausgesetzt sind. Bekannteren und vielleicht weniger bekannten.
Bedrohung von Wildbienen ist mannigfaltig
Das Englische Department for Environment, Food & Rural Affairs, kurz DEFRA, eine Regierungsbehörde in Großbritannien, die für Umweltbelange, Ernährung und ländliche Angelegenheiten zuständig ist, hat im Januar 2019 einen 93-seitigen Bericht zur „Nationalen Strategie für bestäubende Insekten in England“ herausgebracht. Dieses von 10 Wissenschaftlern verfasste Dokument listet Gründe für die Bedrohung der Wildbienen auf und die Möglichkeiten, mit denen auf Landesebene die Situation der bestäubenden Insekten verbessert werden kann und soll. Übrigens eine schöne Initiative, wenn sie umgesetzt wird. Die auf Deutschland übertragbaren Inhalte erklären zunächst die mannigfaltigen Gründe der Bedrohung.
Monokulturen und Ackergifte
Seit den 1930er Jahren wurde die Landwirtschaft mehr und mehr technologisiert. Größere Flächen wurden mit Monokulturen bepflanzt, seit Jahrzehnten werden Insektizide, Herbizide und Fungizide gespritzt, die jedem Wildwuchs auf und neben dem Acker den gar ausmachen. So setzte bereits vor Jahrzehnten der Schwund der Wildbienenbestände ein.
Kein Wunder, finden sie doch weniger und weniger Nahrungspflanzen und Nistmöglichkeiten in den durch Landwirtschaft geprägten Regionen. Doch es sind beileibe nicht nur diese Monokulturen, die von Gift nur so durchtränkt werden. Der Mix an ausgebrachten Giften, so die Meinung der Fachleute, scheint sich zum Nachteil der Bienen zu potenzieren. Übrigens nicht nur Wildbienen nehmen hier schaden. Auch Honigbienen können von den Pflanzenschutzmitteln negativ beeinflusst werden und bringen ihn in Honig ein. 20 Prozent der in England getesteten Honige enthielten Neonicotinoide, die umstrittene Gruppe von Insektiziden. Noch schlechter sieht es nach Ökotest mit „deutschem“ Honig aus. Jeder 3. Honig war beim Test (Heft 2/2019) mit Pflanzengiften belastet. Wobei man für Deutschland sagen muss, dass 80 Prozent des verkauften Honigs aus dem Ausland stammt.
Diese Ackergifte wurden übrigens auch in benachbarten Blühstreifen nachgewiesen, werden so auch dort aufgenommen, wo in Nachbarschaft eines konventionell bewirtschafteten Feldes natürlicher Wildwuchs oder bewusst ausgebrachte Blühpflanzen stehen.
Direkt auf dem Acker können Wildbienen natürlich auch die Pflanzengifte aufnehmen, Beispiel: Raps. Zwar stellt Raps ein kurzfristiges, gerne angenommenes Nahrungsangebot dar, aber meist mit Nebenwirkungen. Zudem bieten sie nicht ausreichend Nahrung für den ganzen Lebenszyklus der Wildbienen und es ist wohl nachgewiesen, dass zeitgleich blühende Kulturen weniger bestäubt werden. Bei Apfelbäumen sei dies auf der Insel bereits der Fall.
Viel zu oft und zu früh abgemähte Wildblumenwiesen, sofern sie überhaupt noch existieren, intensive Weidehaltung und fehlende Wildblumenstreifen an Straßen- und Ackerrändern minimieren zudem das Futterangebot. Hierzu weiter unten mehr. Wobei, halten die Wissenschaftler der DEFRA fest, alleine ein paar Blühstreifen neben dem Acker retten die Bestände nicht. Hierzu wurden Erkenntnisse in England, Wales, Schottland und Nordirland gesammelt. Aber, das weiß man, in Deutschland sieht es nicht anders aus
Dagegen hat man mit Renaturierungsmaßnahmen sehr gute Erfahrungen gemacht, es wird empfohlen so viel wie möglich an Blühstreifen und Blumenwiesen anzulegen und den Anteil der Biolandwirtschaft zum Wohl der Artenvielfalt und Dichte der Bestäuber zu erhöhen.
Gentechnisch manipuliertes Saatgut (GMO)
Im Labor optimiertes Saatgut soll zwar keinen Schaden bei Wildbienen und Schwebfliegen, gleichsam wichtige Bestäuber anrichten, doch bei einigen Schmetterlingsarten sehr wohl. Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen fand Öko-Test 2017 in 8 von 19 getesteten Honigen. In Deutschland, bis auf wenige erlaubte Versuchsanbauflächen, verboten, wohl für die Briten ein Thema. Und unseren global eingekauften Honig leider auch.
Krankheiten: Von Honigbienen übertragen
Die Varroa-Milbe ist eine Plage für Imker und rafft ganze Völker dahin. Eine der Krankheiten, die die Milbe auch noch überträgt ist der Flügeldeformationsvirus, der tödlich für Honig- wie Wildbienen ist.
Zur Deformation der Flügel gibt es auch aktuelle deutsche Labor- und Feldversuche, die bestätigen, dass die Viruserkrankung von Honig- auf Wildbienen übertragen werden kann. Insbesondere Hummel seien hiervon betroffen.
Eine weitere übertragene Krankheit ist die Nosemose, ein einzelliger Parasit, der bei Honig- wie Wildbienen den Verdauungstrakt zerstört. Auch er wird durch die Varroa-Milbe übertragen. Wie beide Krankheiten von der Honig- auf die Wildbiene übertragen werden, ist unklar.
Klimawandel schadet Wildbienen
Es ist nicht immer der Mensch schuld, also zumindest nicht direkt, dass die Bienenbestände rückläufig sind. Der Klimawandel hat heute schon einen deutlich negativen Effekt auf Wildbienen, auf deren Zahl, die Vielfalt und deren saisonale Aktivität.
Während im Frühjahr die Temperaturen immer früher sehr mild sind (siehe Februar 2019), kommt die Natur nicht ganz so schnell mit ihrem Blütenangebot hinterher, stellten die Fachleute der DEFRA fest. Die frühen Bestäuber und die Blühpflanzen kommen immer seltener und in ausreichender Zahl zusammen. Oder: Ist es erst ungewöhnlich mild und dann kommt der Frost (siehe Frühjahr 2018), dann ist das Blütenangebot etwa der Apfelbäume mehr oder minder vernichtet. Wir Menschen beklagten die schlechte Apfelernte, die unhörbaren Wildbienen sicher den Nahrungsverlust.
Auch die veränderten Herbst- und Wintertemperaturen haben für die Forscher bereits Auswirkungen auf die Bestände. So wurde in einer experimentellen Studie festgestellt, dass die Wildbienen und ihr nistender Nachwuchs schon heute eine schlechtere Überlebenschance hätten.
Und hier kommen wir auch mal zu positiven Erkenntnissen.
Natürliche Nistplätze und künstliche Nisthilfen
In England gibt es die Erkenntnis, dass bereits nach einem, spätestens zwei Jahren, vom Mensch freigehaltene Flächen von bodennistenden Wildbienen und Wespen angenommen werden. Auch künstliche Nisthilfen für jene Solitärbienen, die überirdisch in Röhren und Gängen ihre But unterbringen, zeigen Erfolge.
Dies bestätigt auch einer der Bienenspezialisten in Deutschland, Paul Westrich auf seiner Internetseite wildbienen.info. Zwar sind es „nur“ etwa 25 % der Bienen, die solche Brutmöglichkeiten suchen (und dazu kommen die eingangs genannten Kuckucksbienen), doch, so der Bienenspezialist und Buchautor, Höhlenbrüter sind standorttreu und nehmen richtig gebaute Wildbienenhotels an. Diese sollten mit der Zeit vergrößert werden, da Bewohner wie Mauer-, Masken-, Blattschneider- oder Löcherbienen sich in Gärten mit dem richtigen Nahrungsangebot über die Jahre vermehren und weitere Behausungen nötig sind.
Hier habe ich jetzt mehrmals schon gelesen, dass solche Wildbienenhotels allenfalls pädagogischen Wert haben (schreibt beispielsweise wildbee.ch und manch ein Retter der Bienen übernimmt das in seiner Argumentation) sollen. Da bleibt mir nur die Frage: Wo bitte sonst soll eine Biene eine Höhle finden? Auch und gerade im urbanen Umfeld mit eingepackten Häusern, in Städten in denen die Flächen mehr und mehr versiegelt werden, etc. So hat die Mauerbiene beispielsweise früher in Steinlücken am Haus oder Schuppen – daher ihr Name – ihr Nest gebaut. Solche gibt es dank dem modernen Wohnungsbau praktisch nicht mehr.
„Richtig“ in Sachen Nisthilfe heißt, dass sie aus Schilfstengeln, Bambusröhren, markhaltigen Stängeln oder Strangfalzziegeln gefertigt sind. Werden Sie aus Holz gefertigt, dann muss dies gegen und nicht mit der Faser gebohrt sein. Auf obiger Seite gibt es jede Menge Tipps zum Bau eines korrekten Wildbienenhotels. Auch für bodenbrütende Bienen hat Westrich Tipps.
Und wie Ihr so ein Wildbienenhotel aus Stammholz oder sehr dicken Ästen machen könnt, das erfahrt Ihr in der Bauanleitung unseres sehr gut angenommenen Bienenhotels. Für weitere Ideen für Wildbienen- und Insektenhotels enthält der Beitrag zwei Buchtipps.
Tipp: Rechtzeitig im Winter oder Vorfrühling und Frühjahr mit einem Bienenhotel aufrüsten, gerne auch auf dem Balkon, denn: Frühe Bestäuber wie die Mauerbienen sind bereits unterwegs und auf der Suche nach Nistmöglichkeiten.
Späte Landbienen leiden artunabhängig oftmals Hunger
Obstbau, Raps, Weiden oder verbliebene heimische Wildpflanzen versorgen die Wildbienen in ländlichen Regionen im Frühjahr und frühen Sommer. Danach ist oftmals Hunger angesagt. Diese Erkenntnis bestätigen ganz aktuell Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Von 561 heimischen Wildbienenarten sind laut den Wissenschaftlern mehr als die Hälfte bedroht oder lokal sogar schon ausgestorben. „Allgemein scheint die Artenvielfalt von Bienen aufgrund der intensiven Landwirtschaft und des verstärkten Einsatzes von Pestiziden, die sich beide negativ auf Nahrungsquellen und Nistmöglichkeiten auswirken, rückläufig zu sein“, sagt Susanne Renner von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Die Zusammenhänge wollten die Wissenschaftler nun genau wissen.
Welche Wildbienenarten konkret in Deutschland gefährdet sind und warum, das haben die Münchner Biologen nun näher untersucht. Insgesamt haben die Wissenschaftler 445 der 561 in Deutschland bekannten Bienenarten in ihre Analyse einbezogen und somit 79 Prozent der deutschen Bienenfauna abgedeckt.
Aussterberisiko nicht an spezielle Blühpflanzen gebunden
Dabei zeigte sich zu ihrer Überraschung, dass die Spezialisierung auf bestimmte Blüten entgegen ihrer Erwartung keinen Effekt auf ihr Bedrohungs- und Aussterberisiko hatte. Ein bis dato viel diskutierter Punkt, der übrigens immer gerne angeführt wird, gegen die „normale“ Bepflanzung der Gärten mit pollen- und nektarreichen Blühpflanzen gewettert wird.
Das Ergebnis der Studie zeigte den verblüfften Forschern vielmehr: „Zwei Faktoren waren extrem stark mit einer Gefährdung korreliert: Die Habitatpräferenz –, also die Spezialisierung auf einen Lebensraum – und eine Flugzeit erst im Spätsommer“, berichtet Erstautorin Michaela Hofmann von der LMU München. Dann, wenn einfach nichts mehr blüht rund um die deutschen Äcker und allgemein in ländlichen Regionen oder die letzten heimischen Wildpflanzen der maht zum Opfer fielen. Zumal hier sicherlich auch der oben erwähnte Klimawandel eine Rolle spielt, denkt man an den trockenen Rekordsommer 2018.
Das Bienenvorkommen in den Städten sei dagegen vergleichsweise stabil, und auch die Bienen, die im Frühling ausfliegen, wie etwa die gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta), gelten als nicht gefährdet, da sie und ihre fleißigen Kolleginnen einen vergleichsweise gut gedeckten Tisch im ländlichen Raum finden.
Im Gegensatz dazu erhöhten enge Lebensraumpräferenzen, eine kurze Flugzeit und das Auftreten erst im Spätsommer das Aussterberisiko. „Den Spätfliegern – dazu gehört beispielsweise die Zahntrost-Sägehornbiene (Melitta tricincta) – vor allem auf dem Land geht es unserer Interpretation nach nicht gut, weil es dort dann nicht mehr genug Nahrung gibt. Landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen sind im Spätsommer von Blüten ausgeräumt, während es im Frühling wenigstens noch Massenpflanzen wie Raps und blühende Obstplantagen gibt“, sagt Renner.
Link zur Kurzfassung der Studienergebnisse vom März 2019.
Zwischenfazit: Es müssen nicht nur heimische Wildkräuter und Blühpflanzen sein, um Bienen, wie die Studie zeigt, selbst spezialisierten Wildbienenarten zu helfen. Schließlich gibt es in Städten vielfach ganz „normal“ bepflanzte Beete und Balkonkästen, die den Wildbienen genauso helfen. Noch dazu sind diese Blühpflanzen meist nicht mit Giften belastet. Zumindest nicht, wenn sie biologisch produziert wurden und eine Gartensaison im Garten oder auf dem Balkon wuchsen.
Auch und gerade wenn die Blümchen nicht immer heimisch sind. Das fanden parallel englische Forscher gerade heraus.
Stadtbienenbestände stabil
Was die Forscher der Münchner Uni herausfanden, wird durch die Fachleute der DEFRA bestätigt. So heißt es in dem oben zitierten Papier, dass sich die Anzahl der verschiedenen Bienenarten in der Stadt nicht zur Zahl auf dem Land unterscheidet, Naturschutzgebiete inklusive. Die Zahl der Bienen insgesamt ist in den besiedelten Flächen sogar höher.
Die Erkenntnisse der Münchner Studie und des britischen Empfehlungspapiers wird durch eine englische Studie von gleich vier Universitäten bestätigt. Forscher der Universitäten Leeds, Reading, Bristol und Edinburgh haben in ebendiesen Städten alle Bereiche der Stadt untersucht und eine ganze Blühsaison Bienen und ihr Sammelverhalten gezählt (Bericht erschien im Januar 2019 in der Zeitschrift Nature, Ecology and Evolution – Link zum Bezahlinhalt).
Überall, wo was Grünes und Blühendes wachsen konnte, wurde nach strengen Kriterien das Verhalten erfasst. Hierzu zählen Privatgärten, Schrebergärten, aber auch Friedhöfe, Parks, urbane Naturschutzareale, Straßenränder und Industriegebiete.
Und die Gewinner sind: Gärten der Einwohner und Schrebergärten. Die beiden waren, so die Forscher, 10 x wichtiger als Friedhöfe, Parkanlagen, urbane Schutzgebiete oder die anderen urbanen Areale.
Insgesamt wurden in den vier Städten 326 verschiedene Blühpflanzenarten notiert von denen 246 von Nektar- und Pollensammlern besucht wurden. Laut der Methodik der vier Unis wurden jene, die im Beobachtungszeitraum in 2018 5 x und weniger besucht wurden, als nicht wichtig für die Wildbienen gestrichen. Dagegen wurden, je nach Stadt, 101 – 131 Pflanzengruppen erfasst, die als wertvoll eingestuft sind.
Unter diesen Pflanzen sind sowohl heimische Blühpflanzen, als auch nichtheimische, wobei Letzteres nun wieder kein Wunder ist, denn schließlich ist Großbritannien als das Land der Gartenkultur bekannt und es werden allerlei Blumenbeete mit den unterschiedlichsten Blühern bepflanzt. Auch mit Nichtheimischen.
Gärten sind Bestäuber-„Hotspots“
Die (meist) blütenreichen Gärten sind wahre Hotspots für Bienen und Bestäuber, so die englischen Forscher. Und die Studie kommt sogar zu dem Schluss, dass die Städte eine wachsende und sehr wichtige Bedeutung bei dem Erhalt unserer heimischen Bestäuber haben.
Was die Gärten (bis zu 36 % der untersuchten Stadtflächen) bereits und oft erfüllen, toppen übrigens laut der Untersuchung die Schrebergärten (1 % der Fläche in den untersuchten Städten). Hier muss man allerdings wissen, dass Briten, zumindest in den kleineren Gärten, weniger Obst und Gemüse anbauen, als es einst im typischen Cottagegarten der Fall war.
So sind Obst-, Kräuter- und Gemüsepflanzen mit einem reichen Pollen- und Nektarangebot (die Studie führt hier beispielsweise Obststräucher wie Brombeeren und Schwarze Johannisbeeren auf), neben typischen Blühpflanzen, eher selten. Das wird meist im „Allotment“, also im Schrebergarten angebaut, wo die Bienenforscher auch mal etwas „Un“kraut fanden, Obst wie Brombeerhecken, einjährige Blühpflanzen und blühende Kräuter und Gemüse, all das, was bei Bienen gut ankommt und mit in die Statistik aufgenommen wurde.
Der Mix macht es. Auch und gerade im eigenen Garten und auf Balkonien. Unterschiedliche Blühpflanzen, ob nun heimisch oder nicht, und vom Vorfrühling bis zum Frost, etwas Wildwuchs, der in einer Ecke bleiben darf, Obst, Gemüse und Kräuter, die auch Nektar und Pollen liefern. Damit ist den Stadtbienen sehr gut geholfen.
Wildbienen helfen: Das kann jeder machen im Garten und Balkon
So wie in unserem Garten. 8 x 16 Meter und in 2 Monaten aus einer Rasenfläche so angelegt (im 1. Sommer aufgenommen). Aus umgezogenen Stauden und jeder Menge gesäter Einjähriger. Hier war noch nicht alles fertig, ich möchte das trotzdem mal zeigen…
Mehr zu unserem kleinen, bienenfreundlichen Garten mitten in einem Pfälzer Dorf, bienenfreundliche Pflanzen (Auswahl) und wie der Garten angelegt wurde.
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- Nutzt vorhandene Flächen, sät und pflanzt, auch auf den mehr als 30 Millionen deutschen Balkonen! Das Argument, „jeder kann mit seinem Garten machen, was er will!“ – am besten noch eine Steinwüste im Vorgarten –, sollte einer allgemeinen Verantwortung für die Umwelt und die Zukunft folgender Generationen endlich mal weichen.
- Pflanzt Blühpflanzen, möglichst einfach blühende. Tipps für Sommerblumen (ein- und mehrjährige), die bei von einer großen Vielfalt von Nektar- und Pollensammlern besucht werden, gibt es hier. Noch mehr Tipps aus der Praxis gibt es im Beitrag über die Anlage und der Blütenvielfalt in unserem Garten. Und trotz seiner kleinen Größe summt es hier viele Monate im Jahr.
- Das Pollen- und Nektarangebot in der Natur sinkt bereits Ende Juni, ist im Juli/August fast nicht mehr vorhanden (der Imker nennt das Tracht). Daher: Zahlreiche Gartenpflanzen blühen weitaus länger, viele bis zum ersten Frost und bieten daher wertvolle Nahrung.
- Die Vielfalt im Hausgarten macht`s (das sagen auch die Fachleute der Münchner Uni)! Dann kommen polylektische und viele oligoelektische Arten zum Zuge. Wie in den oben genannten Schrebergärten, so bestimmt der Mix die Attraktivität eines Gartens.
- Das Jahr startet etwa mit Winterblühern wie Christrosen, Winterlingen, Schneeglöckchen, Krokussen (wenn möglich keine Hybridformen) und Schneeheide, wird gefolgt von Fingerhut, Akelei, Goldlack, Obstbäumen, Beerensträuchern, Weiden, Kornelkirschen und Allium.
- Dann trumpfen Kräuter wie Schnittlauch, Thymian*, Majoran*, Borretsch*, Beinwell*, Salbei (auch Ziervarianten*) auf, gefolgt von den unzähligen Sommer- und Spätsommerblühern wie Löwenmäulchen*, Kornblumen*, Schmuckkörbchen*/Cosmos, Disteln (die begehrte Griechische Kugeldistel =*), Duftnesseln*, Blutweiderich, Silberkerzen*, Echinacea*, Fetthennen, Malven wie die Moschus-Malve*, Lavendel*, Flieder*, Lilien*, einfach blühenden Dahlien*, Glocken- (viele der über 300 Campanula-Arten =*) und Bartblumen*, Schafgarben, Astern, (Wild-)Rosen (viele bekannte Arten von beidem =*), nicht zuletzt der spät blühende Efeu, usw. sowie Gemüse wie Gurken, Zucchini, Kürbis.
- Wer sich glücklich schätzt und Platz im Garten hat: Bitte und gerne Wildblumenwiesen säen! Da darf auch nicht-heimisches Saatgut dabei sein (bei Puristen leider verpönt) und wer wenig Platz hat – 10 m² reichen auch mal aus… Solche Mischungen haben die Fachleute der 4 englischen Universitäten übrigens auch in den genannten Städten ausgestreut. Und der Erfolg gab ihnen Recht. Zumal diese Mischungen weitaus länger als die rein heimisch basierten Saatgutmischungen blühen. Damit auch den späten hungrigen Bienen etwas bieten.
- Nisthilfen anbieten (bitte richtige, über obige Links gerne informieren) und Brachflächen lassen. Kleine „Schmuddelecken“ sind ideal, wenn sie offene Bodenflächen, Totholz, Natursteinmauern kombinieren.
- In Sachen Wildwuchs wird ganz klar empfohlen, auch mal den Rasen nicht typisch englisch kurz mähen sollte, sondern auch mal etwas wachsen zu lassen. Beommt ihm besonders bei Hitze sowieso viel besser! Und natürlich keine Herbizide gegen Wildkräuter spritzt. So können Löwenzahn (reich an Pollen und Nektar), Gänseblümchen (mageres Pollen- und Nektarangebot, aber oft früh dran)und Weißklee (reich an Nektar) Blüten bilden.
- Mähroboter, so auch die Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität, sollten tabu sein.
- Gifte jeglicher Art und selbst wenn als „bienenfreundlich“ deklariert (das sagen Politik, Industrie und sogar das Bundesamt für Risikobewertung auch über Glyphosat… ), sollten tabu sein.
- Im möglicherweise trocknen Hochsommer bitte gießen und den Bienen eine Wasserstelle bieten. Ein Topfuntersetzer mit Kieselsteinen darin reicht bereits aus.
- Ach und: Der Garten ist nicht nur für uns alleine da… Macht also was daraus und denkt nicht nur an die neuesten Loungemöbel, den x-ten neuen Grill, die große Hüpfburg für die Kids, den Aufstell-Pool (in dem durstige Insekten übrigens auch ertrinken können), sondern sät und pflanzt. Dann sieht das Ganze auch gleich mal besser aus.
Was Ihr noch machen könnt: Es gibt in jedem Dorf und jeder kleineren oder größeren Stadt brachliegende Flächen. Und ist es nur eine Verkehrsinsel oder eine leere Baumscheibe vor Eurer Haustür. Fragt doch einfach mal nach, ob Ihr dort was Sinnvolles säen dürft.
Warum wir da draußen mehr Natur wagen müssen
Die Überschrift sagt doch eigentlich alles. Im gleichnamigen Blogbeitrag habe ich die Natur im Garten mal mehr beleuchtet und Praxistipps aufgeführt. Schaut mal in den Beitrag rein, mein Plädoyer für mehr Natur…
*= nicht heimische Insektenmagneten… viele davon werden u.a. von der Bienen-App des Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft oder vom Apis e.V./Die-Honigmacher.de und anderen Bienenfachseiten empfohlen.
Sehr schöner Artikel. Ich habe mich dem Thema auch mal genauer gewidmet, obwohl ich auf dem Gebiet nur Laie bin. Herausgekommen ist dabei eine ganze Website. Wenn Sie es interessiert, man kann da Ganze unter http://www.bienennutzgarten.de erreichen.
Hallo und danke für die Rückmeldung! <3 Mein Dach ist auch noch intakt und ich bin ehrlich gesagt sehr froh darum. Weiterhin viel Spaß und Erfolg damit! Viele Grüße, Jürgen
Hallo Martin,
danke! Interessantes Infoangebot, daher lasse ich deinen Link stehen. Mein Tipp: Mit „Pollen: 2, Nektar: 3“ (Beispiel) kann der Laie nicht gleich etwas anfangen. Vielleicht ist es irgendwo erklärt, habe ich dann nicht gelesen… Kann man nicht stattdessen 2/5 und 3/5 schreiben oder eine 0 – 5 Skala einbauen? Wäre so meine Anregung. Viele Grüße, Jürgen
Hallo Jürgen,
Vielen Dank für die Rückmeldung. Es ist alles unter dem Punkt Wildbienen/Lebensweise erklärt.
Viele Grüße
Martin
Sehr schöner Artikel mit Augenmaß und gesundem Menschenverstand. Ergänzen möchte ich noch daß neben dem Lebensraumverlust in der freien Natur und auf Land- und Forstwirtschaftlichen Gebieten interessanterweise auch die Nahrungskonkurrenz der Honigbiene (ein Nutz-/Haustier, die inzwischen durch Einkreuzungen ausländischer Arten leider nicht mehr als einheimische Art vorkommt) ein vermutlich großes Problem für die Wildbienen darstellt, denn erstens besteht ein Honigbienenstock aus mehreren 10tausenden hungrigen Exemplaren, die zudem auch noch deutlich weiter fliegen können als Wildbienen, und zweitens gibt es sehr viele dieser Nutztierställe. Diese typischerweise heute gehalteneHonigbiene als Art ist im Gegensatz zu vielen Wildbienenarten (bzw. der ursprünglich heimischen Honigbiene mellifera mellifera) nicht gefährdet, allen Schreckensnachrichten in der Presse zum Trotz. Im Kontext dieses Artikels besonders interessant ist die angeblich zunehmende Stadt- und Kleingartenimkerei, die dann natürlich die Wildbienen in dem hier beschriebenen Lebensraum zunehmend unter Druck setzen (würden).
Danke Marc! Ja, es war mir einfach ein Anliegen, dies mal zu beleuchten. Und du hast Recht mit deinem Hinweis. Die Nahrungsknappheit kann sehr wohl durch den Trend der Hobbyimkerei steigen. Ich werde hierzu gesondert etwas schreiben. Denn darüber habe ich einige aktuelle Studien gelesen. Zumal Honigbienen ja Nahrung „horten“, auch, um im Winter überleben zu können. Im Gegensatz zur Wildbiene, die „nur“ ihren Nachwuchs damit versorgt und meist selbst stirbt.
Seit wann sind Glockenblumen, Wildrosen, Kornblume, Thymian und Majoran nicht mehr heimisch?
Hallo Anna, die allermeisten der über 300 bekannten Glockenblumenarten sind nicht heimisch. Beispiel: Campanula portenschlagiana, die Dalmatiner-, Polster-, Mauerglockenblume genannt wird. Kommt ursprünglich aus Kroatien und die ist ein wahrer Bienenmagnet (viele Arten).
Klar, gibt es (wenige) heimische Rosen. Die meisten Arten kommen aber von mehr oder minder fernen Regionen zu uns. Rosa moschata (die ursprüngliche) wahrscheinlich aus Kleinasien, die allermeisten Sorten gibt es in Asien.
Ist für beide Arten im Text konkretisiert. Üer Züchtungen, die sehr wohl ihre Mehrwerte haben, sage ich jetzt aber nichts. 😉
Echter Thymian, auch Römischer Quendel ist ein Südeuropäer. Wurde nur irgendwann eingebürgert. Zahlreiche weitere Arten sind aus südlicheren Ländern. Beim Feldthymian heißt es… „Europa“. Keine der bestimmt 30 aufgerufenen Seiten erklärte mir, dass es eine Art gibt, die ein typisch deutsches Gewächs ist. Feld-Thymian z.B.
Majoran stammt aus Kleinasien.
Kornblumen sind sogenannte Kulturfolger. Es wird vermutet, dass ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet der östliche Mittelmeerraum ist.
Ich kenne die Diskussion um Archäophyt und Neophyt, bei der man, grob gesagt, die Entdeckung Amerikas anno 1492 als Grenze zieht… Aber, da sind wir genau bei dem „heimisch“ und „nicht-heimisch“. Und ich habe jetzt mal genauer hingeschaut.
Danke! Und schicken Sie doch bitte den Artikel in die Gruppe „Naturnahes Gärtnern, dass es summt und brummt 😉
Gerne auch an an Naturgarten e.V die auch eine extreme regionale Aktivistin haben… 😉
Ein schönes Beispiel, dass du verlinkt hast, Heidrun. Wenn ich mich recht entsinne, dann bin ich gerade aus dieser Gruppe ausgetreten… Naturgarten e. V. – schaue ich mit an, danke!